XLeap - Die Macht der Anonymität
Zweitens geht es keineswegs nur darum, sich freimütig mitzuteilen. Für einen fruchtbaren Meinungsaustausch ist es mindestens ebenso wichtig, dass das Gesagte wirklich offen, ohne Ansehen der Person oder ihrer Gruppenzugehörigkeit aufgenommen und sachlich bewertet wird.
Drittens unterscheiden sich Meetings wesentlich von den sonstigen Gesprächen, die wir mit unseren Kollegen führen. Die im kollegialen Gespräch üblichen und zielführenden Verhaltensweisen versagen weitgehend, wenn sich 5 oder mehr Personen zu einer Besprechung einfinden. Die zutreffende Einschätzung und stille Voraussetzung von Wissen, Blickkontakt, Körpersprache oder ein einfaches Nicken, das bestätigt, dass unsere Botschaft angekommen ist, funktionieren in größeren Gruppen einfach nicht mehr.
Kein Wunder, dass die meisten Menschen, gerade bei positiver Wahrnehmung der Unternehmenskultur, von vielen Meetings enttäuscht sind. Gerade dort, wo ansonsten alles in Ordnung ist, fällt eben besonders auf, dass der sonst praktizierte und erwartete freie Meinungsaustausch sich in Meetings so nur selten einstellen will.
Die Reaktionen der Einzelnen auf diese Unübersichtlichkeit könnten unterschiedlicher nicht sein: Selbstdarsteller genießen die Gelegenheit, vor Publikum schauzulaufen. Andere überwinden ihre Vorbehalte und sprechen offen zur Sache. Sie akzeptieren die damit verbunden Risiken aus Pflichtgefühl oder weil sie am Ergebnis ein Interesse haben. Die meisten spielen auf Sicherheit. Sie beschränken sich auf Unverfängliches, vermeiden Kritik, um selbst nicht kritisiert zu werden. Wenn sie schon etwas sagen müssen, warum nicht einfach einem der Vorredner (am besten gleich allen!) zustimmen?
Leider fallen viele, die Substantielles zur Sache beitragen könnten - 'Alte Hasen', Experten und Ingenieure - in diese zuletzt genannte Gruppe der Vorsichtigen, und zwar aus gutem Grund: Gerade für diese Fachleute ist die Fallhöhe erheblich.
In Meetings erweisen sich Rücksichtnahmen auf den sozialen Status und das eigene Selbstwertgefühl regelmäßig als stärker als das Streben nach Ergebnissen in der Sache. Den Preis dafür zahlt zuerst die Organisation, aber nicht nur sie. Die allermeisten Teilnehmer bedauern den Mangel an Ergebnissen. Sie würden sehr gerne nach besten Kräften beitragen, die Dinge sachlich und unvoreingenommen beurteilen und als Team erfolgreich sein. Wenn sie nur könnten!
Mit XLeap können Teilnehmer beitragen, wenn sie etwas zu sagen oder zu fragen haben, ohne darauf warten zu müssen, an die Reihe zu kommen. Anonymität erhöht die Bereitschaft, diese technische Möglichkeit auch wahrzunehmen und dabei zur Sache zu kommen, nach dem Motto, "Egal. Wenn die anderen meinen Beitrag für Unsinn halten (oder sonst irgendwie anstößig), ist das deren Problem."
Mindestens ebenso wichtig ist, dass Anonymität es den Teilnehmern ermöglich, das Gesagte ohne Ansehen der Person aufzunehmen. Wenn Menschen nicht wissen, von wem etwas stammt, ist es ihnen auch unmöglich, automatisch die Ohren zu verschließen und auf 'Durchzug' zu schalten, sobald die falsche Person auch nur Luft holt. Die Spekulation über Motive und verdeckte Absichten ist witzlos. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich stattdessen darauf WAS gesagt wird.
Sagen, was Sache ist, und vorurteilsfreies, faires Hinhören sind unabdingbar für eine zielführende Diskussion. Beide Faktoren verstärken sich wechselseitig:
- Wenn meine Beiträge auf grundsätzlich offene Ohren treffen, lohnt es sich, mitzuteilen was ich weiß und denke.
- Wenn es mir freisteht, eine Idee (ein Konzept, einen Vorschlag usw.) zu unterstützen oder zu kritisieren, lohnt es sich, dieser Idee meine Aufmerksamkeit zu widmen.
Das erhöht die Relevanz in Meetings grundlegend: Relevante Fakten (Ideen, Meinungen usw.) werden offen mitgeteilt und auf der Sachebene diskutiert, ohne Ansehen der Person. Das spart Zeit, motiviert zu echter Beteiligung und liefert überlegene Ergebnisse.
Verifikation durch die Gruppe. Gerade anonyme Beiträge müssen durch Plausibilität überzeugen. Steile Thesen werden hinterfragt, denn skeptische Nachfragen wie, "Kaum zu glauben. Bitte ein Beispiel!" fallen anonym sehr viel leichter. Anders als in der mündlichen Auseinandersetzung sind anonyme Nachfragen ohne die Bereitschaft zur persönlichen Konfrontation möglich.
Ein weiteres Mittel zur Verifizierung von Sachverhalten sind Abstimmungen. Mit Abstimmungen lassen sich Aussagen zügig bewerten nach einem oder mehreren Kriterien wie 'Wichtigkeit', 'Dringlichkeit' oder 'Wirksamkeit'. Weil Unzutreffendes nicht wichtig, dringend oder wirksam sein kann, identifizieren Abstimmungen schnell und zuverlässig was nach Meinung der Teilnehmer wahr UND wichtig/dringend/wirksam ist.
Verifikation durch eine Vertrauensperson. Nachdem Anonymität dafür gesorgt hat, dass alle relevanten Sachverhalte (Ideen, Meinungen, usw.) auf dem 'Tisch' liegen und hinterfragt werden konnten, kehren Sie zu traditioneller persönlicher Kommunikation zurück. Fragen Sie jemanden, dem Sie vertrauen und der sich mit der Materie auskennt, etwa "Claudius, wie sehen Sie das? Ist das eine solide Entscheidungsgrundlage?" Eine solche Frage können Sie in der Session stellen oder danach, am besten im kleinen Kreis von nicht mehr als drei Personen, in dem Claudius und Claudia frei sagen können, was sie denken und in dem Nachfragen und Klarstellungen problemlos möglich sind. Die Teilnehmer eines solchen Gesprächs müssen nicht an der Session teilgenommen haben. Das wortgetreue automatische XLeap-Protokoll liefert alles Notwendige.